Drucken

11. Mai 2015

BigData: Das Gesundheitswesen im digitalen Zeitalter

Im Internet oder beim Arztgespräch – mit jedem Klick und Schritt hinterlassen wir Informationen in Form von Daten. An der diesjährigen Ausgabe der Veranstaltung „Wirtschaft und Wissenschaft im Dialog“ diskutierten Fachpersonen aus Forschung und Industrie mit dem Publikum die Analyse, Nutzung und den Schutz unserer Gesundheitsdaten.

 

Nur noch wenige Plätze des Kino Royals sind frei – zwar wird kein neuer James- Bond-Film gezeigt, das Thema von „Wirtschaft und Wissenschaft im Dialog“ ist nicht minder spannend. Die Menge an unstrukturiert angesammelten Daten wird dieses Jahr auf 8,6 Billionen Gigabyte ansteigen, so schätzen Experten. Bildlich vorgestellt, entspricht das in etwa der 175-fachen Menge an Sandkörnern, die an den

Stränden der Welt liegen. Die Life-Sciences-Branche trägt nicht nur viel zu dieser riesigen Datenmenge bei, sie setzt auch viel daran, diese für die Verbesserung des Lebens von Patienten zu nutzen.

 

Wissensexplosion

Dr. Isabelle Flückiger, Leiterin Risk & Modelling bei PwC Schweiz, beschreibt in ihrem Inputreferat das Spannungsfeld, in dem sich die Forschungsunternehmen befinden. Zwischen Regulatoren, Krankenversicherer, Patientenerwartungen und Preiskontrollen ist es für ein Pharmaunternehmen wichtig, abzuschätzen, für welche Krankheit sich ein erfolgreicher Wirkstoff entwickeln lässt. Da die Entwicklungskosten sehr hoch sind und zwischen der Idee und dem zugelassenen Medikament 10 bis 15 Jahre liegen, müssen die Forscher ein Krankheitsbild gut kennen, um gezielte Therapien entwickeln zu können. Hier kommen die Daten ins Spiel: Je bekannter eine Krankheit ist, desto genauer kann geforscht werden. Die Analyse der riesigen Datenmengen wird, so Flückiger, den Life-Sciences-Bereich künftig immer mehr in die personalisierte Medizin, aber auch in Richtung Prävention führen, was für Patientinnen und Patienten grosses Potenzial birgt.

 

Auch Dr. Markus Bundschus, Head Scientific & Business Information Services bei der Roche Diagnostics GmbH in Penzberg (D), sieht grosse Vorteile im „Datenberg“. In den letzten zehn Jahren fand eine wortwörtliche Wissensexplosion statt und auch heute werden fast stündlich neue Erkenntnisse bekannt. Diese Datenvielfalt spiele aber nicht nur bei der Wirkstoffentwicklung eine Rolle, sondern auch bei der Diagnose. Dank grosser Rechenkraft können Diagnostiktests bestimmte Genmutationen eines Krankheitsbildes identifizieren, so dass gezielt behandelt werden kann. Bundschus sieht vor der Beantwortung grosser Gesundheitsfragen jedoch noch eine sprachliche Hürde: Um die gesammelten Daten auswerten zu können, müssen diese in derselben Fachsprache vorliegen. Noch zu oft benutzen Mediziner in Statistiken und Akten unterschiedliche Begrifflichkeiten.

 
Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage…

Unsere Gesundheit ist nicht nur ein wertvolles Gut, sie ist vor allem auch Privatsache. Die Frage nach dem Schutz vor Datenmissbrauch dominierte deshalb auch die Podiumsdiskussion, zu der neben den beiden Referenten auch Dr. Tobias Christen, CEO der SecureSafe DSwiss AG und Jan Zbinden, Leiter Spezialprojekte des Gesundheitsdepartements Kanton Basel-Stadt, stiessen. Geraten sensible Daten zum Beispiel an die Krankenkassen oder den Arbeitgeber, ist die Gefahr einer Diskriminierung der betroffenen Person gross. Das Podium war sich deshalb einig, dass im Bereich der Gesundheitsdaten Transparenz und Richtlinien notwendig sind, um deren Potenzial ausschöpfen zu können. Das aktuelle „Opt-in-System“, welches in der Schweiz heute angewendet wird, bietet der Bevölkerung im Rahmen von Patientendossiers oder elektronischen Versicherungskarten Sicherheit: Jeder muss der Verwendung seiner Daten konkret zustimmen. Langfristig jedoch könnte dieses Modell gelockert werden, so dass jeder die Verantwortung über die Verbreitung seiner Gesundheitsdaten selbst übernehmen werden muss. Denn der medizinische Fortschritt durch die Analyse grosser Datenmengen ist höchstens zu bremsen, aber nicht aufzuhalten. Die Region Basel und die Schweiz befinden sich erst auf den ersten Schritten einer Reise, in der die Vorteile der Daten die Angst vor Datenmissbrauch immer mehr verdrängen wird. Umso wichtiger, sich schon heute mit den Risiken auseinanderzusetzen. Um die Chancen von BigData für die Patienten, die Unternehmen und den Life-Sciences-Standort Basel aber wirklich zu nutzen, dürfen die Risiken diesen Prozess aber nicht dominieren.


Themen

Life Sciences

Artikel teilen

per E-Mail weiterleiten

Kommentare



Hinweis: Ihr Kommentar wird nach Erhalt geprüft. Die Handelskammer entscheidet über die Freigabe.



Das könnte Sie auch interessieren